Dienstag, 24. November 2009

BJJ in Moskau und Ausflug nach Kolomna



In Moskau ist es inzwischen wieder etwas wärmer geworden, also dachte ich mir, dass ich auch mal wieder aus dem vorübergehenden Winterschlaf zu erwachen und einen Eintrag zu schreiben.
Seit meinem letzten Eintrag ist einiges geschehen. Zuerst einmal war meine Lieblingsfreundin Nicola für 8 Tage zu Besuch. Neben dem Standartprogramm Kreml, Roter Platz, Mumus, Christi-Erlöser Kathedrale machten wir auch einige Abstecher in mir neue Teile von Moskau.
Der persönliche kulturelle Höhepunkt war für mich das neue Puschkin-Museum in dem hauptsächlich die Werke impressionistischer Künstler ausgestellt sind. Bilder von Monet, Picasso und Matisse könnte ich mir stundenlang ansehen. Vielleicht kann mir jemand mal ein solches Werk für meine Wohnung spendieren :). Auch das alte Puschkin-Museum konnte z.B. mit dem Schatz von Troja bei mir punkten. Um den Kulturschock zu vervollständigen besuchte ich ebenfalls die Tretjakow-Galerie. Diese ist mit ihren ca. 140.000 Werken eine der größten Kunstsammlungen. Allerdings hat man nach der ersten Stunde schon fast einen Overload, so dass wir uns nach einer Weile nur noch die bedeutendsten Werke ansahen.
Die eigentliche Intention dieses Postings ist aber meinen Lieblingssport und seine Ausübung in Moskau vorzustellen.
Da ich in Deutschland ja bereits seit einiger Zeit verschiedene, aber artverwandte Kampfsportarten ( Brazilian Jiu-Jitsu) mit großer Leidenschaft trainiere, wollte ich auf diese sportliche Betätigung in Russland ebenfalls nicht verzichten. Also bereits in Deutschland im Internet nach einer geeigneten Trainingsmöglichkeit gesucht und schockiert festgestellt, dass es in einer Stadt mit 15 mio. Einwohnern lediglich eine BJJ-Schule gibt. Die Russen sind mit ihrer Nationalsport Sambo, Judo und Ringen anscheinend bestens beschäftigt. Dieser eine Club macht allerdings einen hervorragenden Eindruck: Sehr saubere und gepflegte Räumlichkeiten, kompetenter Trainer und lauter nette Leute. Dafür nimmt man auch gerne einmal 45 min. Fahrtzeit pro Weg auf sich. Nachdem zu Beginn das Training mit lediglich 10 Personen stattfand, kamen gestern bereits über 35 Leute zur Trainingseinheit. Ich hab keine Ahnung was diesen plötzlichen Boom hier entfacht hat. Das Level beim Training, gerade mit Kimono/Gi ist hier und trotz der allgemein niedrigen Graduierung, sehr hoch. Das liegt vor allem daran, dass fast alle in Kindesjahren mit Judo oder Sambo angefangen haben und nun lediglich umschulen.
Einzige Negativpunkte im Training sind der russische Kampfgeist (Warum denn im Armhebel abklopfen?) und die mangelnden Englischkenntnisse. Glücklicherweise habe ich den ein oder anderen Dolmetscher identifizieren können.
Vor zwei Wochen stand aus sportlicher Sicht ein Höhepunkt auf dem Programm. Ein Capoaira-Club veranstaltete ein Seminar mit den Schwarzgurten Max Carvalho und Ze Radiola. Letzterer ist u.a. Trainer des diesjährigen ADCC-Siegers Braulio Estima gewesen. Von Freitag bis Sonntag wurde also trainiert was das Zeug hielt. Dabei lernte ich neben einigen bereits bekannten Sachen, auch einige neue Techniken, die ich sicherlich nach Deutschland importieren werde. Ich kann allerdings nachvollziehen, wie Profi-Sportler 5-6 Tage die Woche trainieren können, da mir bereits nach 3 Tagen im Training die Knochen weh taten. Naja der Zahn der Zeit nagt eben auch an mir :).
Eine Woche später fand dann die langerwartete Moscow Adcc-Grappling Challenge statt. Am Freitag noch ein Warm-Up mit Slawek Szamota, dem einzigen Black-Belt aus Polen eingeschoben und am Samstag um 9.30 zur Waage erschienen. Die Halle war mit ca. 100 Teilnehmer völlig überfüllt und die ganze Veranstaltung wurde zur organisatorischen Katastrophe. Die Auslosung von 5 Gewichtsklassen für 2 Leistungsklassen dauerte gute 3 Stunden, so dass um 13.00 mit dem Rule-Meeting begonnen wurde. Ich startete in der -88kg "Professional" Klasse. Mein erster Kampf fand dann auch tatsächlich um 16.00 Uhr statt, gute 6 Stunden nach meinem Einwiegen. Diesen konnte ich gegen einen Samboka aus Moskau nach guten 2 Minuten durch Mata Leon gewinnen. Ich ruhte mich allerdings zu sehr auf meiner Zufriedenheit über den ersten Sieg aus und musste den 2. und 3. Kampf verloren geben. Schlussendlich landete ich also auf dem 4. Platz und muss leider mit Blech nach Deutschland zurückkehren. Erwähnenswert ist noch, dass mein 3. Kampf um 21.30 statt fand.
Im ganzen Turnierverlauf konnte man den unterschied zwischen Turnieren in Deutschland und Russland sehen. Die Russen sind alle sehr versiert in den verschiendsten Kampfstilen und dementsprechend ehrgeizig. Die Leute lassen sich auch trotz einer russischen Meisterschaft im
Sambo, gerne in die Beginner-Klasse einstufen. So war es wirklich verwunderlich, dass es keine ernsthaften Verletzungen in dem Turnier gab. Ich habe noch nie soviele Suplexe auf den Nacken, Slams und Judowürde gesehen. Aufgeben kommt im Wortschatz der Russen eher selten vor. Im Armhebel wurde erst kurz vor dem Armbruch abgeklopft und einige Leute fanden sich nach einem Würger schnell im Land der Träume wieder.
Das Turnier wurde insgesamt von den Ringer dominiert, da denen das ADCC-Regelwerk sehr zu gute kam. Auf jeden Fall war das Turnier ein riesiges Erlebnis, auch wenn ich die deutsche Organisation jetzt sehr zu schätzen weiß. Mir wurde mitgeteilt, dass der letzte Kampf des
Turniers um 0.30 stattfand. Stolze 15 Stunden Turnier wird wohl kaum jemand erlebt haben.

Während meine Zimmernachbarn durch Sibirien wanderten, schloss ich mich einem Angebot unserer Hochschule an und unternahm einen netten Ausflug in das ca. 100km entfernte Kolomna, eine der ältesten Städte im moskauer Umland. Dort gab es, neben einem Kreml und einem Kloster, auch ein russisches Heimatmuseum. In diesem wurde dann den Austauschstudenten die russische Kultur ein wenig näher gebracht. Es wurden verschiedene Bräuche und Wettbewerbe von Dorffesten erklärt. Letztere durften auch noch getestet werden. Da die russischen Mitreisenden alle eher schmächtig waren, musste ich auch gleich noch als Aushilfsbaum ran :). Leider fand das ganze Programm auf russisch statt, so dass ich leider nur wenig folgen konnte. Der Ausflug war auch wieder ein Beispiel an russischer Organisationskunst : Trotz verspätetem Start um gute eine Stunde und dauerhaftem Verfehlen des Zeitplans waren wir am Abend wieder pünktlich in Moskau :))


Die nächsten Tage stehen dann wieder einige normale Aktivitäten auf dem Programm wie z.B. das Spiel ZSKA gegen den VFL Wolfsburg, ein Eishockeyspiel und der Besuch eines alten Bunkers auf dem Plan fürs Wochenende.
Außerdem kommen auch die Kollegen aus Jekaterinburg vorbei.

Freut euch also auf ein neues Update.

Simon


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