Freitag, 13. November 2009

Landeinwärts - Mit der Transsib durch Russland

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

lange nichts mehr von mir gehört - ja es tut mir auch Leid, aber wie das so ist hat man immer was zu tun. Wie bereits von Robin angekündigt folgt nun der Bericht unserer Reise zum Baikalsee und zurück. Nach Caros Verabschiedung am Dienstag mussten Marc, Robin und ich noch schnell unsere letzten Sachen in den Rucksack stopfen, denn abends ging für uns auch schon der Flug nach Irkutsk, wo wir dann am nächsten Morgen (durch die 5 Stunden Zeitverschiebung) ankamen.



Mittwoch, 28. Oktober



Nach einer sehr kurzen Nacht mit nur 3 Stunden Schlaf im Flugzeug began unsere Suche nach dem Busbahnhof, denn da sollten wir unseren Roommate Ben treffen. Bei frostigen Temperaturen von -14°C mussten wir also einen Weg finden, um dorthin zu gelangen. Was nach einiger Sucherei auch geklappt hat! Ben trafen wir dann mit einiger Verspätung in einem russichen Schellrestaurant - auch er war ziemlich kaputt, aber wen wundert das schon nach 80 Stunden Fahrt mit der Transsib!!! Unser erster längerer Stopp sollte die größte Insel im Baikalsee werden: "Olchon". Mit einer Länge von 72 km kann man sich kaum vorstellen, dass es sich um eine Insel handelt, die sich in einem See befindet, aber wenn man sich vor Augen hält welche Außmaße der Baikalsee erreicht (größte Süßwasserquelle der Welt!), dann kann man sich auch vorstellen, dass knapp über 2000 Einwohner abgeschieden von der Außenwelt auf dieser Insel leben.



Nach einigen Verhandlungen mit diversen Taxifahrern in Irkutsk, hatten wir für die 300km Strecke nach Olchon für 4 Personen einen Preis von 3500 Rubel ausgehandelt (ca. 80€). Wenn man sich vorstellt, dass die Taxifahrt mehr als 7 Stunden dauert, dann war das wohl ein ganz günstiges Angebot. Wahrscheinlich auch daher, da unser Taxifahrer selber noch nie diese Route gefahren ist und keine Ahnung hatte was auf ihn zukommt. Wie sich herausstellte, was das letzte Drittel der Strecke nicht mehr asphaltiert und nach einigen dicken Steinen und Löchern in der Straße, die das Auto (alter Subaru - kein Geländewagen) aushalten musste, merkte man dem Fahrer deutlich an, dass er es bereute uns dorthin zu fahren. Zwischendurch waren wir uns auch nicht ganz sicher, ob er uns jetzt nicht einfach ganz alleine in der Pampa stehen lässt.






Nach 7 Stunden Gruppenkuscheln (es war echt eng) und immer wieder der gleichen CD der Scorpions kamen wir abends endlich in "Nikita's Homeplace" an. Dies sollte für die nächsten zwei Tage unser zu Hause sein. Als die einzigen Gäste zu diesem Zeitpunkt haben wir für einen fairen Preis 2 Doppelzimmer bekommen, die zwar spärlich eingerichtet, dafür aber sehr gemütlich und vorallem warm waren.




Da es auf der Insel leider kein fließendes Wasser gibt, mussten wir uns damit abfinden in den nächsten Tagen eine "Bio-"Toilette zu nutzen und zum Duschen in die Banja zu gehen. Später am Abend erwartete uns in der Kantine noch ein traditionelles Essen und als besonderes Highlight eine kleine, freche Katze, die ununterbrochen (auch den nächsten Tag) versucht hat unser Essen zu stehlen. Direkt vor der Tür unseres Schlafplatzes lebte zudem ein ganzes Rudel kleiner Hunde, in die wir uns direkt verliebt haben. So gerne hätten wir einen mitgenommen...



Donnerstag, 29.Oktober


Für den nächsten Tag hatten wir eine Jeeptour gebucht. Unser Leiter Sergej sollte uns einmal rund um den nördlichen Teil der Insel fahren, um uns dort die schönsten Plätze die Olchon zu bieten hat, zu zeigen. Zwar war es wahnsinnig kalt, aber mit Sicherheit ein Erlebnis, dass wir alle so schnell nicht vergessen werden. Die wunderschöne unberührte Natur mit freilebenden Tieren (z.B. Wildpferde) und das Gefühl man wäre alleine auf der Welt - soetwas erlebt man in der Großstadt ja eher selten. Bei einem selbstgemachten Mittagessen über dem offenen Feuer konnten wir uns schließlich aufwärmen und eine typische Fischsuppe mit dem Omul-Fisch, der im Baikalsee gefangen wird, probieren.




Abends stand dann noch ein Banja-Besuch auf dem Plan. Wenn es auch keine Duschen gab, so konnte man sich zumindest warmes und kaltes Wasser zusammenmischen um sich zu waschen - die nächsten Tage sollte noch nicht einmal das mehr möglich sein.

Freitag, 30. Oktober

Morgens früh los mit dem Bus, um den Rest des Tages in Irkutsk zu verbringen, wo wir dann auch am frühen Nachmittag ankamen. Entlang der Karl-Marx-Straße sahen wir uns verschiedene Einkaufsgeschäfte an und staunten auch nicht schlecht, als uns plötzlich ein Kamel von links überholte. Mit unserem schweren Gepäck ging es dann zum weiteren Sight-Seeing in diverse Kirchen (okay mit meinen 8 Kilo hatte ich im Gegensatz zu Marc mit 15 Kilo wenig Gepäck, aber für mich was es trotzdem schwer). Als uns dann die Rücken zu sehr weh taten machten wir uns auf die Suche nach einem Platz für ein Abendessen und wurden schließlich im Café Krendl fündig. Dort gab es typisches russisches Essen à la Mu Mu's und ich muss sagen es schmeckt mir immer besser.



Danach ging es auf zum Bahnhof - unsere erste Fahrt mit der Transsib! Dort angekommen erinnerte uns das Bild an wartende Immigranten in New York in den 1920ern.





Mit kleiner Verspätung waren wir froh endlich im Zug zu sein. 40 Stunden nach Omsk in der dritten Klasse (Platzkart). Wir waren doch recht überrascht wie eng es dann tatsächlich ist. In einem Zugwagon gibt es je circa 8 "offene Abteile" mit 6 Betten, so dass sich in einem Waggon 48 Reisegäste und 2 Damen, die sich um alles organisatorische kümmern, aufhalten. Da die durchschnittliche Temperatur im Zug bei 27°C liegt und man warm angezogen von draußen kommt, kommt man erstmal ordentlich ins Schwitzen bis man sich endlich in bequemere Klamotten geschmissen hat und sein Gepäck irgendwo wo Platz ist, verstaut hat. Für die ganzen Menschen im Zug gibt es 2 winzig-kleine Badezimmer mit ekligen Toiletten und Waschbecken - Duschen kann man vergessen, einfach kein Platz. Für alle unsere Zug-Reisen hatten wir obere Betten reserviert, was - wie sich herausstellte - nicht die beste Idee war, denn nur auf den unteren Betten war es möglich sich auch hinzusetzen. Da wir aber eigentlich immer nette Nachbarn hatten, konnten wir meist gemeinsam unten sitzen.




Nachts sollte man nicht mit einem allzu festen Schlaf rechnen, denn besonders wenn man groß ist und die Füße über das Bett hinausragen, laufen während der ganzen Nacht Passagiere dagegen, die entweder den Zug verlassen oder einfach auf Toilette möchten. Die Betten sind zudem nicht sehr weich, so dass man nach einiger Zeit gezwungen ist die Stellung zu wechseln. Nichstdestotrotz ist der Zug sehr geräuscharm, der er nur mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 60 km/h fährt und dies wiederum hilft dem Schlaf.


Was es mit den russischen Leuten auf sich hat, lernten wir besonders auf dieser Fahrt kennen. Mit fast allen wurden zu Beginn nur wenige Worte gewechselt (und wenn dann natürlich nur auf Russisch) - man beobachtet erst einmal seinen Gegenüber. Am zweiten Tag war dann das Eis gebrochen und Marc, Ben und ich redeten mit der Familie unter uns und Robin mit den Damen aus seinem Abteil. Bis dann irgendwann eine Schulklasse 13-jähriger auf uns aufmerksam wurde, so dass wir plötzlich nur aufgrund dessen, dass wir Ausländer sind zu Stars wurden. So durften wir uns dann in den Heften der Kinder mit ein paar deutschen Grußworten - Ben natürlich französisch - verewigen. Der Höhepunkt war jedoch das Geschenk der älteren Damen an Robin: ein Beutel Speck mit Knoblauch und zwei Tannenzapfen zum Verzehren. Lecker...


Sonntag, 01. November


Unser Tag in Omsk begann in einem sehr schönen Café im Stadtzentrum. Dort konnten wir uns sehr preiswert für den Tag stärken. Problematisch war es auf der Toilette, da das Licht leider kaputt war, mussten wir uns im Dunkeln zurechtfinden. Ben wurde zwar eine Lampe, die man sich um den Kopf binden kann (wie man es bei Mienern kennt) angeboten, aber wir haben uns dann doch für das kleine Licht am Handy entschieden.


Omsk ist eine der größten Städte in Russland und zudem auch noch sehr schön. Bei unserem Stadtspaziergang haben wir verschiedene Kirchen, Monumente und Statuen, so wie den "faulen Arbeiter" gesehen.



Omsk hat einige sehr schöne Gebäude zu bieten, die nicht unbedingt an eine Großstadt erinnen. Zudem gab es wie in Köln die Hohenzollernbrücke auch dort eine Brücke mit Schlössern, wo sich Pärchen für immer vereinen können. Im Museum konnten wir noch einiges über die lokale Geschichte von Omsk lernen - so zum Beispiel auch, dass es in Omsk sehr viele Einwohner mit deutschen Hintergrund gibt. Sehr interessant, das erklärt wohl auch, dass jedes zweite Schuhgeschäft deutsche Schuhe verkauft hat.


Nach einer kleinen Shopping-Tour durch den Adidas-Shop, gab es dann abends Essen im TGI Friday's. Die nächste Nacht ging es wieder weiter 13 Stunden nach Jekaterinburg.



Montag 02. November


Sehr, sehr früh am Morgen kamen wir in Jekaterinburg an. Im Café vertrieben wir uns ein bisschen die Zeit, damit es um 6 Uhr dann mit Metro und Bus auf die Suche gehen konnte nach unserem Hostel. Zum Glück hat Judith - eine deutsche Kommilitonin, die grade dort studiert - uns ein Hostel rausgesucht in dem wir bis zum nächsten Tag bleiben konnten. Es handelte sich dabei um eine kleine relativ typisch russisch eingerichtete Wohnung (soweit ich das einschätzen kann). Da wir schon lange keine Dusche mehr gesehen hatten, waren wir froh endlich mal wieder ein richtiges Badezimmer zu haben!


Mit uns lebten 2 Engländer (ein Pärchen) und ein Kanadier (auf dem Bild) mit uns in der Wohnung. Geschlafen haben wir dann zu fünft im Wohnzimmer in 2 Hochbetten und einer Ausziehcouch. Die Engländer hatten ein eigenes kleines Zimmer mit Hochbett.



Geschafft von der Reise haben wir uns erst einmal ins Bett gelegt und es genossen in einem richtigen Bett ein paar Stunden zu schlafen. Gegen Mittag haben wir uns dann zu der "Kirche auf dem Blut" aufgemacht, wo 1918 die letzte Zarenfamilie - Romanov - ermordert wurde.



In der Kirche gab es zudem eine Ausstellung über die Familie Romanov, die im Übrigen durch die russische Kirche heilig gesprochen wurde. Nach deren Besichtigung ging es weiter ins Stadtzentrum um uns dort mit anderen deutschen Studenten (Peter, Britta und Judith) von der EUFH zu treffen.


Bei einem Essen im Café konnten wir dann Eindrücke und Erfahrungen über Russland austauschen - was sehr interessant war, da wir dich teilweise recht unterschiedliche Erfahrungen mit Russen gemacht haben. Weiter ging es dann mit einem Spaziergang am Flussufer entlang zu einer überdimensionalen Tastatur, der Universität in Jekaterinburg und schließlich auch zum Wohnheim. Wir können uns in Moskau wirklich glücklich schätzen, dass wir unsere Duschen und Toiletten nicht mit dem ganzen Flur teilen müssen.



Dienstag, 03. November


Nach der Nacht im Hostel stand ein Besuch im Geologischen Museum auf dem Plan. Da dieses zu unserem Unglück für Renovierungsarbeiten geschlossen hatte, entschieden wir uns zu einem Besuch im Einkaufszentrum ZUM. Als auch dieses dann zur Renovierung geschlossen hatte mussten wir unsere Pläne noch einmal überdenken. Letztendlich sind wir im Mineralienmuseum gelandet, welches wirklich beeindruckende Steine zu seiner Sammlung zählen konnte. Nach einem kleinen Stadtbummel ging es dann zurück ins Hostel und von daaus zum Bahnhof. Wie es der Zufall so will, wollten nicht nur wir an diesem Abend eine Reise nach Kazan antreten, sondern auch Judith, Peter, Britta und einige andere russische Freunde, die sich am nächsten Tag das Fußballspiel Kazan-Barcelona ansehen wollten. In der Wartehalle des Bahnhofs konnten wir noch einmal hautnah den russischen Kontrollzwang und die Willkür, die manche Sicherheitsleute an den Tag legen, erleben. Zum Betreten des Wartesaals mussten manche Passagiere - uns eingeschlossen - ihre Tickets vorzeigen, bei anderen wurde es dann wiederum vergessen...naja.


Mittwoch, 04. November


Nach 14 Stunden Zugfahrt kamen wir Vormittags in Kazan an. Für mich war die Stadt von Anfang an sehr beeindruckend. Direkt vom Bahnhof aus, konnte man zu Fuß viele Sehenswürdigkeiten erreichen und davon gibt es in Kazan viele. Neben dem Kreml und der Einkaufsstraße, die an vergangene Zeiten erinnert hab ich mich vorallem auch an dem vielen Schnee erfreut. Leider war der Kanal noch nicht ganz zugefroren, so dass wir leider kein Ice-Skating wagen konnten.



Gegen Abend wollten wir uns dann noch einmal mit den anderen Deutschen treffen und uns verabschieden. Dies taten wir dann auch in einem Restaurant mit tatarischer Küche, die wir gerne probiern wollten. Leider war dies nicht die beste Idee des Tages, da neben dem sehr schlechten Service für meinen Geschmack auch das Essen nicht gut war. So sind wir dann - ohne auch nur einen Rubel Trinkgeld zu bezahlen - auf zum Zug, um unsere letzte Nacht dort zu verbringen. Dieses Mal allerdings in einem eigenen Abteil (2. Klasse)! Wie begeistert wir von dem "Luxus" waren, sieht man auf dem Video:




13 Stunden später waren wir alle froh in unserem neuen/alten zu Hause angekommen zu sein: Moskau!


Der Tripp war für uns alle eine interessante und bestimmt auch prägende Erfahrung. Noch nie war ich soweit von zu Hause weg, habe so viele unterschiedliche Leute kennengelernt, Plätze gesehen und mit Sicherheit mussten wir uns noch nie so sehr in der Hygiene einschränken ;) Trotz einiger Einschränkungen bin ich sehr froh die Reise angetreten zu haben und würde auch allen Russlandreisenden etwas in der Art empfehlen.

2 Kommentare:

  1. Wirklich toll! Ich beneide Euch für diese einmalige Erfahrung. Das klingt alles total spannend!

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  2. ich beneide robin um den sack speck mit knoblauch :D

    grüße aus kölle, kristina

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